oder macht ein bisschen Wut auch Mut?
Hier in Afrika ist für mich Feuer immer sehr präsent. In seinen verschiedensten Formen.
Ich liebe es, wenn es beginnt am Abend dunkel und kühler zu werden, am kleinen Feuer draußen unter John’s Laube zu sitzen. Meistens geht das Hand in Hand mit Atayakochen, dem Teeritual, in dem in einer klitzekleinen Teekanne auf Kohlen starker Grüntee mit enorm viel Zucker und Basilikumähnlichen Kräutern gebraut und in kleinen Gläsern serviert und geschlürft wird. Das ist ein Ritual, das verzaubert. Die Wärme, das feine Prasseln des kleinen Feuers, der wärmende, süße Tee, der durch den Körper fließt. Davon könnte ich abhängig werden.
Dann gibt’s die afrikanische Sonne, die noch mal stärker, die Idee eines Feuerballs zeigt. Vor allem am Nachmittag, wenn die Sonne beim Untergehen ist. Da leuchtet sie groß und orange vom Himmel und je nachdem wo du gerade bist, kannst du sogar sehen, wie der Feuerball den atlantischen Ozean küsst und im Meer untergeht. Da stehe ich dann, ganz ehrfürchtig und lass mich von dem Licht und der Wärme durchfluten.
Aber dann gibt’s Momente, in denen klar wird, dass Feuer nicht nur Licht, Wärme und Schutz ist, sondern auch verletzend sein kann, zerstörerisch und manchmal unkontrollierbar. Diese Erfahrung hat einer unserer kleinen Welpen gerade vor ein Tagen gemacht. Er hat mit seinem Geschwisterchen gespielt und ist tollpatschig wie so kleine Hundebabies eben sind, herumgekugelt und schwupps in die Reste von schwelendem Feuer hineingerollt. Das war ein Gejammer und Gejaule. Feuer versengt und schmerzt, wenn es dich so unerwartet unter scheinbar ausgebrannter Asche überrascht. Zum Glück ist alles glimpflich ausgegangen, nur ein paar Barthaare sind jetzt kürzer und ein bisschen Fell wurde angebrannt. Der Welpen ist aber wohlauf und wird seine Lektion gelernt haben an der Feuerstelle in Zukunft vorsichtig zu sein.
Hier in Niafrang kennen die Menschen zerstörerisches Feuer zu gut. Gestern waren wir in Mukuti Kunda und ich habe entdeckt, dass unser Nachbar, das gemähte Gras auf seinem Land angezündet hat und es lichterloh gebrannt hat. Ganz fasziniert habe ich über den Zaun auf das Feuer und den Rauch geschaut und mich gefragt, warum er denn sein Land vorsätzlich anzündet? John hat mir erklärt, dass viele Menschen das hier so machen bevor die Trockenzeit kommt. Wenn du die Gräser einfach da lässt zum Verrotten kann es dir passieren, dass in der Saison, in der der die Trockenheit und der Wind kommt, sich ein Buschfeuer über dein Land hinweg frisst und du keinerlei Kontrolle darüber hast, was es alles zerstört. Auf die Weise, wie es unser Nachbar gestern gemacht hat, entscheidet er, was verbrennt und was nicht und ein evtl. Buschfeuer wird an seinem Land gestoppt, weil es kein Futter mehr findet.
So versuche ich nun Analogien zu finden, zu dem Element Feuer, das auch in uns Menschen als Energie da ist. In manchen Menschen sichtbarer, dominanter, wilder, in anderen Menschen ruhiger, besonnener, wärmer. Manchmal spornt es uns an und motiviert uns Dinge mit Charisma und Begeisterung anzugehen, manchmal, wenn es unkontrollierbar wird, brennt es uns auch einfach aus. Und was ist dieses Gefühl, wenn dich jemand zur Weißglut treiben kann? Das passiert mir interessanterweise hier in Afrika auch leichter als zu Hause und hat meistens irgendwie mit dem Gefühl zu tun, ich werde in meiner Macht beschnitten. Ist das auch das Feuer oder vielleicht ein anderes Element? Die Wut als Emotion ist eher dem Element Raum oder, nach der chinesischen Medizin, Holz zugeschrieben, aber Holz schürt und nährt das Feuer ja bekanntlich. Was mir aber auch klar wird aus den Beobachtungen, ist, dass es wichtig ist, Wege zu finden, unser Feuer so zu kennen und zu zähmen, dass es uns nicht aus dem Hinterhalt überrascht oder überrumpelt mit einer Intensität, die wir nicht kontrollieren können. Es ist wichtig achtsam zu sein mit dem Feuer und es in einem moderaten Maß zu schüren und am Leben zu erhalten, damit es uns Herzenswärme, Schutz und Licht geben kann, damit es uns Begeisterung und Umsetzungskraft schenkt. Und auch ein bisschen Weißglut und Wut hie und da kann ganz anregend und wohltuend sein, solange sie nicht in machtlosen Explosionen und zerstörerischem Ausbrennen eskalieren. Ein bisschen Wut, kann uns auch Mut machen in die Aktion zu gehen, Dinge, die uns nicht richtig erscheinen anzugehen und zu verändern.
Wie geht es dir mit dem Feuer? Wenn du diesen Beitrag in Europa liest, bist du vielleicht eher gerade mit kühlen, klaren Schneewintertagen konfrontiert und gar nicht so in Kontakt mit dieser aktiven Feuerenergie, wie ich gerade. Aber vielleicht kannst du ja gemütlich am Kamin oder bei Kerzenschein über diese wundersame Kraft nachsinnen.
In diesem Sinne wünsche ich dir einen wunderschönen 3. Adventsabend mit drei leuchtenden Kerzen.
Alles Liebe aus dem feurig produktiven Niafrang!
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