Die Geschenke der Sommersonnwende
- Martina De Rosi
- vor 6 Tagen
- 5 Min. Lesezeit
Oder: Neue Welten entdecken

Wir sind über den Höhepunkt der Sonnenkraft in diesem Jahr schon drüber. Die Tage werden schon wieder kürzer, die Nächte länger. Die keltischen Jahreskreiskarten erklären es so, dass der Eichenkönig, der für die Sonnenkraft steht, seinen jährlichen Kampf gegen den Stechpalmenkönig, der für die Dunkelheit steht, verloren hat. Der Eichenkönig zieht sich, wie jedes Jahr nach der Sonnenwende, zurück, um dann zur Wintersonnwende wieder neu geboren zu werden und neu an Kraft zu gewinnen.
Aber noch ist die Kraft der Sonne groß und wir haben die längsten Tage des Jahres am letzten Wochenende auf der Klosteralm in Schnals gefeiert. Wir waren eine kleine bunt zusammen gewürfelte Gruppe, die sich für diese gemeinsame Kreativzeit auf der Alm gefunden hat.
Die längsten und hellsten Tage des Jahres laden ein, innezuhalten und sich bewusst zu machen, was in diesem Jahreszyklus ans Licht möchte. Besondere Talente und Fähigkeiten, die ihren Platz haben möchten, Qualitäten und Vorhaben, die wir stärken möchten oder bisher verborgene Schattenseiten, die gerne transformiert werden wollen. Es ist eine Zeit, die wunderbar dafür geeignet ist, Lebensthemen sichtbar zu machen und eine Richtung zu geben. Begleitet werden wir in diesen Tagen von der Heilkraft der Sonne, des Wassers, der Pflanzen, der Berge, der Verbindung in der Gruppe und des unendlichen Raumes mit allen Potentialen.
Die Natur unterstützt unsere Prozesse an diesen Tagen mit verstärkter Kraft. Wir haben das in den Tagen auf der Alm spüren und erleben dürfen. Die Elemente waren so präsent und haben uns weit weg von unserem Alltagstrott gebracht. Wir haben den Aufstieg vom Parkplatz zur Alm in Stille gemacht und damit mit jedem Schritt ein bisschen Hitze und Alltagsgedanken im Tal zurückgelassen. Es hat sich angefühlt wie eine Brücke, die wir uns selbst gebaut zu haben, um in eine ruhigere, leichtere, verbundenere Qualität einzutauchen.
Auch wenn wir gut schwitzen und unser Herz pocht, wird es mit jedem Höhenmeter ein bisschen frischer. Die Luft ist so klar in der Höhe und erinnert uns daran alte Gedanken und Muster loszulassen und uns für Neues und Mögliches zu öffnen. Das Wasser, das uns immer wieder begegnet ist, zeigt uns, wie wertvoll nährend, belebend und reinigend es ist und wieviel Kraft in jedem Wassertropfen steckt – als sprudelndes Bächlein, als Wasserlacke oder als türkiser Bergsee. Die Erde umfängt uns majestätisch und bettet uns in ihre Weisheit ein. Sie bittet uns jeden Schritt achtsam zu setzen und genau zu spüren, wie wir unsere Füße auf ihr lenken und wohin wir gehen. Der Raum, der sich um uns auf der Alm eröffnet, lässt unseren Blick weiter werden und rückt die unglaubliche Präsenz der Berge voll ins Licht. Und die Sonnenkraft wärmt uns und lädt uns ein unserem Licht zu folgen und dabei in voller Schönheit zu leuchten.
Eine Übung, die uns ans Herz gelegt wird, ist eine verbindende Übung mit der Sonne: Stell dich an einen schönen Sonnenplatz und lass die wärmende Sonne über deinen Scheitelpunkt die ganze Wirbelsäule entlang fließen. Nimm den heilsamen Fluss wahr und lass die Wärme, das Licht und die Kraft ausstrahlen in jeden Winkel und jede Zelle deines Körpers. Fühle dich bestärkt und kraftvoll. Bleibe solange dabei bis du die Verbindung voll spüren kannst, bedanke dich bei der Sonne und sei gewiss sie begleitet dich auf deinem Weg auch an jenen Tagen, an denen sie nicht so sicht- und spürbar ist.
Was sich sehr schön angefühlt, ist die Art und Weise, wie wir zusammen sind. Von Anfang an ist da ganz viel Leichtigkeit, Humor und Verbindung. Wir staunen viel. Wir lernen die Welt da oben in den Bergen mit neuen Augen zu sehen und erleben Vieles zum ersten Mal – zum Teil auch durch die Augen der Anderen. Der Austausch darüber, wie es uns geht und wie wir Dinge wahrnehmen, kann auch für alle anderen ein Geschenk sein.
So ist es spannend zu entdecken, dass es hinter jedem erklommenen Gipfel immer wieder einen neuen Gipfel gibt, der darauf wartet wiederum erklommen zu werden, dass Wolken durchlässig, kühl und feucht auf der Haut sind, wenn sie über dich hinwegziehen und, dass auch in einem eiskalten, klaren Bergsee Fische rumschwimmen. Wir nehmen die Zufriedenheit darüber wahr, die Wanderungen gemeinsam zu meistern und niemanden zurück zu lassen, unseren Körper zu spüren und die raue Schönheit des Gebirges zu genießen. Wir freuen uns im Bergsee bei ca. 11 Grad zu schwimmen und vor Kälte und Begeisterung zu jauchzen. Und uns dann von der Sonne wärmen zu lassen.
Es entstehen wunderbare Gespräche , beim Wandern, beim Essen, beim Zusammensein. Neue Impulse und Ideen tauchen auf, neue Einsichten bahnen sich einen Weg ins Bewusstsein. Wir schreiben auf, was wir zur Sonnwende gerne ins Feuer geben und transformieren wollen, wir zeichnen, was uns bewegt und berührt.
Ein Gewitter hält uns davon ab am Abend der Sonnwende im Freien ein Feuer machen zu können, aber in der Stube der Alm gibt es einen ganz gemütlichen Ofen mit Feuer, der die Arbeit für uns macht. Wir haben singen und tanzen und schauen zu, wie unsere Wünsche und Anliegen lichterloh brennen. Das sorglose Feiern und die Geselligkeit dürfen in dieser speziellen Zeit auch ihren Platz haben.
Es gibt Momente der gegenseitigen Befruchtung und der Inspiration – beim Yoga üben Frühmorgens, beim Tönen, beim Musizieren, beim Wandern und in den Kreisen. Irgendwie fühlt es sich an als wäre da viel Platz für neue Impulse, für Möglichkeiten und Potentiale, die im Alltag oft gar nicht wahrnehmbar oder verschüttet sind.
Einige von uns nehmen neue Ideen und Ahnungen mit, manche decken spannende Forschungsfragen auf. Ich ganz persönlich nehme mir auch ein Thema mit, das mich immer wieder beschäftigt. Fragen wie, sind wir bereit Räume wirklich gemeinsam entstehen zu lassen, was bedeutet Ko-Kreation und wie kann sich auch der finanzielle Austausch so gestalten, dass er sich für alle stimmig anfühlt, werden mich weiter begleiten. Für mich steckt da noch so viel drinnen, von dem ich glaube, dass es mich und andere Menschen noch ganz anders in ihre Kraft bringen kann.
Eine Botschaft, die wir uns alle gerne mitnehmen, ist die Einladung sich gerade auch in dieser aktiven Sommer- und Sonnenzeit immer wieder eine Auszeit mit viel Entspannung einzurichten. Es lebe die Hängematte!
Wir sind alle mit viel Dankbarkeit im Herzen und gut genährt von diesem Wochenende nach Hause gefahren. Möge die Kraft und Schönheit der Alm, die Erfahrungen, die Verbindungen und die Impulse noch weit ins zweite Halbjahr hineinwirken.
Vielen Dank an unsere kleine, feine Gruppe. Es war wunderschön mit euch!
Alles Liebe und schönen Sommer!
Martina
PS: Danke auch an Magdalena, Cornelia und Jana, die sich auf der Alm wieder liebevoll um uns gekümmert haben, uns bekocht haben und den wunderbaren Schlafraum für uns frei gehalten haben. Ihr schafft einen wunderbaren, einladenden Ort mitten in den besonderen Bergen des Schnalstales.
Falls du sie mal gerne besuchen möchtest, findest du sie hier: Klosteralm.
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