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Handeln & Wandeln, Geben & Nehmen

Oder: Welche Qualitäten möchtest du in dieser Welt verkörpern?



Manchmal überrollt mich eine Welle von rastloser Unruhe. So auch die letzten Tage mal wieder. Nichts fühlt sich richtig und genug an, ich kritisiere an mir selbst und der Welt herum, ich komme nicht in die Gänge und habe das Gefühl ich muss doch etwas Bedeutungsvolles in die Welt bringen, aber schaffe es grad nicht mal in meiner Wohnung Ordnung zu machen, die Lebensmittelmotten zu besiegen und gesund für mich zu kochen und meine Rechnungen zu bezahlen. Ich fühl mich alleine und von der Welt verraten in diesen Momenten – voll im Mangel und im Opfermodus.


Immer wieder mal holen mich solche Tage ein. Inzwischen weiß ich aber, dass diese Momente weiterziehen und das Pendel wieder auf die andere Seite ausschlägt. In einen Zustand der Dankbarkeit für all das, was mir das Leben schenkt, für all das, was ich kann und bewirken darf, für all die wunderbaren Menschen, die mich immer wieder liebevoll fordern und fördern. In diesen Momenten muss ich manchmal voller Staunen innehalten und realisieren wie viel Glück ich habe, wie reich und getragen ich bin und wie sich die Dinge fast magisch fügen.


Und so pendelt das Pendel des Lebens zwischen diesen beiden Zuständen hin und her – und immer mehr lerne ich das als Teil des Lebens zu akzeptieren. Wir sind hier nun mal in einer dualen Welt. Ich kann die Fülle nur dann wirklich erkennen, wenn ich auch den Mangel erfahre. Ich kann Verbundenheit nur dann spüren, wenn ich auch weiß wie sich Getrenntsein anfühlt. Ich kann Wirksamkeit nur voll auskosten, wenn ich auch das Gefühl von Ohnmacht kenne. Zumindest solange ich mich auf der Ebene unserer materiellen Existenz bewege und mit meinem Verstand navigiere. So wie ich das verstehe, funktioniert er in Polaritäten und Kategorien. Der Verstand kann nicht ganzheitlich denken, fühlen und entscheiden. Er funktioniert in Schubladen, in Abgleichen, in blitzschnellen Bewertungen, in Analysen. Das ist unendlich wertvoll, aber irgendwie unbefriedigend, wenn das die einzige Grundlage des Lebens sein soll.


Da regt sich in mir eine unglaubliche Sehnsucht nach einer anderen Ebene. Da muss es doch auch noch was anderes geben, das mir den Weg weisen kann. Hier kommen die zahlreichen Herzenslehrer*innen ins Spiel, die in diesen Zeiten immer mehr an Beachtung gewinnen – in spirituellen Kreisen, aber eben auch in wissenschaftlichen Kreisen. Was hat es mit den Herzfrequenzen auf sich, die so kraftvoll und mächtig sein sollen, dass sie weit über unseren materiellen Körper hinauswirken können? Was hat es auf sich mit den universellen Feuerfunken, die sich in und durch uns ausdrücken wollen? Wie kann ich entdecken, wofür ich, so wie ich heute da bin, wirklich gedacht bin?


Wahrscheinlich nicht unbedingt, indem ich in meinen selbstkritischen Phasen stecken bleibe und mich selbst dafür verurteile, dass ich alltägliche Aufgaben grad nicht auf die Reihe kriege oder nicht liebenswürdig genug bin, um jemanden wirklich in meiner Nähe zu haben. Wenn ich es schaffe, mich aus dem Selbstmitleid zu befreien, bekomme ich immer wieder eine Ahnung, wie es sein könnte. Ich merke wieviel Druck ich mir und damit auch allen Menschen um mich herum mache. Diesen Druck loszulassen könnte ein erster unendlich heilsamer Schritt sein. Dafür braucht ich gute Wurzeln und Stabilität, Vertrauen über den Verstand hinaus, eine Verbindung zu etwas Größerem, das mich führen kann. Es braucht das Wissen, dass bedingungsloses Geben ohne die Erwartung etwas zurück zu bekommen, der geheime Schlüssel sein kann. Dieses nervöse Festhalten, Fordern, Klammern an Vorstellungen, Menschen und Dingen, verstellt den Weg zu etwas viel Entspannterem, Freierem, Erfüllendem.


Wie komme ich nun aber in eine solche entspannte, weite Haltung? Auch hier habe ich eine Ahnung, manchmal. Wenn ich es schaffe der Freude zu folgen, einer Freude, die im Herzen sitzt, dann kommt das Geben wollen von alleine. Dann hat das nichts mit Verpflichtung und Zwang zu tun, sondern mit freiem Ausdruck. Ich gebe etwas, das mir Freude macht. So wie jetzt gerade. Ich sitze einfach an diesem Samstag Vormittag hier, vergesse alles um mich herum und schreibe, weil mir das jetzt gerade Freude macht. Vielleicht braucht die Welt diesen Text auch nicht, aber er ist ein Ausdruck, der jetzt gerade fließen will. Ich lasse die Idee los, dass dieser Text unbedingt bei jemandem etwas Wichtiges bewirken muss. Vielleicht tut er es, vielleicht auch nicht. Ich muss das auch nicht unbedingt wissen.


Vielleicht kann ein Wegweiser auch sein, dass ich mir überlege, was ich mir von den anderen und von der Welt wünsche? Und dann gebe ich das einfach, ohne Wenn und Aber. Ich wünsch mir mehr Unterstützung auf meinem Weg? Na dann, gebe ich mehr Unterstützung. Ich wünsche mir Menschen in meinem Leben, mit denen ich mit Leichtigkeit Pferde stehlen, Abenteuer erleben und herzhaft darüber lachen kann? Dann darf ich selbst noch mehr zu so einem Menschen werden. Ich wünsch mir Menschen, die mich mit dem Herzen sehen, in all meinen Farben und Formen? Dann darf ich die Augen und das Herz offenhalten, mich umsehen und die Menschen und die Welt um mich herum in ihrer Schönheit wirklich wahrnehmen und anerkennen. Ich wünsch mir jemanden, der in meinem Alltag da ist, der keine Angst vor Nähe hat? Dann kann ich damit beginnen, da zu sein, wenn jemand anders meine Präsenz brauchen kann und mich nicht aus meiner Angst vor wahrer Nähe immer wieder abzukapseln und zu entfernen.


Und gleichzeitig darf ich diese bedingungslose Zuwendung auch mir selbst schenken. Bin ich müde? Dann darf ich mir eine Pause gönnen. Ohne mich rechtfertigen zu müssen. Bin ich überfordert? Dann darf ich einen Moment innehalten und einfach mal durchatmen. Und vielleicht auch um Hilfe bitten. Ohne die Angst dem anderen dann ein Leben lang etwas schuldig zu sein oder nicht gut genug oder liebenswürdig zu sein, wenn ich nicht alles alleine schaffe. Das Geben und Nehmen darf natürlich fließen, wir sind letztendlich alle verbunden und im selben Boot in diesem merkwürdigen Spiel, das wir hier spielen.


Warum versuchen wir nicht einfach noch ein bisschen mehr uns unsere Reise gegenseitig ein wenig schöner, leichter, spielerischer zu machen? Warum versuchen wir nicht einfach die Qualitäten, die wir gerne in der Welt sehen möchten, ein klein wenig mehr zu verkörpern, anstatt uns zu grämen, dass sie uns fehlen? Und wenn für jemanden das Pendel mal wieder Richtung Ohnmacht und Frust ausschlägt, könnten wir ein Netz aufspannen, das uns gegenseitig auffängt, bis das Pendel wieder in die andere Richtung ausschlägt.


Alles Liebe und frohes Wochenende, mit all dem was du bist und machst, wie du handelst und wandelst, wie du gibst und nimmst.

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