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AutorenbildMartina De Rosi

Novemberschwingungen und Feenstaub

Oder: Warum die Jahreskreisqualitäten so viel Schönheit in sich tragen



 

Für viele Menschen ist das Ende des Sommers und der Beginn der kälteren, dunkleren Monate wie ein schmerzvoller Abschied. In gewisser Weise ist das ja auch gerechtfertigt. Die langen, warmen Tage schwinden dahin, die fruchtbare Zeit mit Blüten und Früchten ist für diesen Jahreszyklus vorbei. Gerade der November und die Zeit vor Weihnachten stimmt viele Menschen melancholisch und traurig. Es fühlt sich vielleicht ein kleines bisschen an wie sterben.


Genau das ist es ja auch. In einem zyklischen Welt- und Lebensverständnis dürfen wir immer wieder schon zu Lebzeiten ein bisschen sterben üben. Sterben im Sinne von Akzeptieren, dass etwas zu Ende geht. Sterben im Sinne von Loslassen, was vergangen oder nicht mehr dienlich ist. Im Jahreszyklus fällt diese Einladung eben besonders genau auf diese herbstliche und frühwinterliche Jahreszeit.


Der November war und ist für Menschen, die in unseren Breitengraden mit den natürlichen Rhythmen der Jahreszeiten leben, immer ein Moment der Wandlung und Erneuerung. Etwas beenden, loslassen, abgeben hat immer auch das Potential etwas Neuem Platz zu machen. Wenn wir uns getrauen der Dunkelheit mit Vertrauen zu begegnen birgt sie unglaublich viel lebendige Kraft.


Traditionellerweise wird in dieser Zeit die verstärkte Verbindung zur geistigen Welt, zur Ahnenkraft und zu den Vorfahren zelebriert. Halloween, Allerheiligen, Allerseelen sind ursprünglich alles festliche Einladungen inne zu halten, sich auf die eigenen Wurzeln zu besinnen und sich die Unterstützung all jener zu holen, die vor uns auf dieser Erde gelebt und gewirkt haben und in uns in gewisser Weise weiterleben.


Wir sind nicht isoliert und einsam unterwegs, auch wenn das vielleicht an einem trüben, dunklen Herbsttag so erscheinen mag. Wir sind angebunden an einen starken Strom von Lebenskraft, der weit über unser individuelles, irdisches Leben hinaus geht. Gerade jetzt dürfen wir diese Kraftquellen mit weitem Herzen anzapfen, eintauchen in die kollektive Weisheit, die uns umgibt, und uns vertrauensvoll führen lassen.


Ich ganz persönlich bin passend zu den Jahreszeitqualitäten noch mit einem Bild beschenkt worden, das mir trotz der Herausforderungen des Alltags eine Brise Leichtigkeit und Magie bringt. Wer mich ein bisschen kennt, weiß, dass ich zwar nicht zu den Menschen gehöre, die einen direkten Draht zu Wesen aus der geistigen Welt hat, sprich ich kann keine Stimmen hören oder Wesen sehen, die nicht ziemlich irdisch verkörpert sind – aber ich bin mit einer starken Vorstellungskraft gesegnet, die es mir leicht macht, mich mit den buntesten Bildern zu verbinden, die mir angeboten werden. Vielleicht kommt das daher, dass ich als Kind Bücher und Geschichten verschlungen habe und meine Vorstellungskraft deshalb gut geschult ist, vielleicht ist es aber auch einfach meine Art und Weise mit jenen Dingen in Kontakt zu sein, die wir nicht nur rein über unseren intellektuellen Verstand erklären und begreifen können. Auf jeden Fall nehme ich es als Geschenk wahr, mir das Leben bunter und vielfältiger färben zu können als es vielleicht auf den ersten rationalem Blick erscheinen mag.


Nun habe ich gelernt, dass es Erd- und Waldwesen gibt, so wie die Wichtel und Gnome in Ronja Räubertochter von Astrid Lindgren beispielsweise (den Film habe ich als Kind geliebt), die uns Menschen begleiten. Mir wurde in einer geführten Reise die Qualität der Feen zur Seite gestellt – eine Qualität, die sich tief mit der Kraft, der Lebendigkeit und der Weisheit des Waldes verbinden kann und sich trotzdem auch immer wieder rausnimmt, um das Leben und alles, was uns begegnet, aus einer höheren Perspektive (wie auf einer Wolke) zu betrachten, zu verstehen und zu verarbeiten. Das erklärt, warum ich es immer wieder so dringend brauche, mich zurückzuziehen, mir Zeit zu nehmen, die Dinge sinken zu lassen, damit ich sie mit Abstand betrachten kann.


Das erklärt für mich auch dieses Bedürfnis, dem ich gerade jetzt auch nachkomme, mich hinzusetzen zu schreiben, meine Gedanken und zu ordnen, in Ruhe und Abseits des Geschehens. Manche Menschen blühen zu Höchstleistungen auf, wenn sie mitten im lebendigen Gewusel des Alltags sind, finden in jedem Moment die richtigen Worte und Handlungen, je mehr los ist, desto besser. Meine Kraft liegt gefühlt eher im Nachspüren und in den Impulsen, die in den ruhigeren Integrationsphasen zu mir kommen. Bisher habe ich das eher als Makel wahrgenommen, als Unfähigkeit in Situationen angemessen reagieren zu können, als Flucht in Momenten von Überforderung.


Wenn ich aber ein wenig Feenstaub über das Ganze streue, bekommen diese Qualitäten eine neue Schönheit und es zeigt sich einfach einmal mehr, wie vielfältig wir alle sind und, dass alle Formen von Ausdruck gebraucht und wertvoll sind. Vielleicht habe ich deshalb auch keine so große Angst vor den ruhigeren, dunkleren Monaten. Ich brauche Rückzugs – und Reflexionszeiten wie ein Lebenselixier.


Mein Schmerz liegt eher darin, dass wir in unserer Gesellschaft diesen Phasen fast ihre Existenzberechtigung absprechen, dass wir in einem Rhythmus der ständigen Aktivität unterwegs sind und es fast unmöglich ist sich diesen Dynamiken zu entziehen ohne gefühlt existentiell-materiell unterzugehen und sich einen Stempel von Trägheit und Verantwortungslosigkeit abzuholen.


Daher liebe ich Räume und Kreise, in denen ein zarte Erinnerung aufsteigt an die Schönheit der Zyklen, an die Geschenke der Dunkelheit, der Kälte und des Nordens. Gestern im Jahreskreis sind wir in Berührung damit gekommen und wisst ihr was? Es hat sich warm, verbunden und hell angefühlt. Es sind Bilder von frischen, weißen Schneedecken aufgetaucht, von wärmendem Feuer, Entspannung und Gemeinschaft.


In diesem Sinne eine gute Zeit – mit frischer, belebender Winterluft, klarem Geist, kuscheligen dunklen Abenden am knisternden Ofen, Geschichten und Liedern im Kreis mit den Menschen, die dein Herz tanzen lassen.


Und gerade heute scheint noch eine wunderbar, warme Sonne, die mich jetzt rauslockt aus meinem Rückzug. Ich geh mal schauen, was die Feen gerade machen, wenn die Sonne hoch am Himmel steht. 😊


Alles Liebe

Martina

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