Wer inne hält, erhält Halt von innen (Laotse)
- Martina De Rosi
- 15. Aug.
- 6 Min. Lesezeit
Oder: Die eigenen Kraftquellen entdecken

Wir leben in einer Gesellschaft, in der wir viel damit beschäftigt sind, beschäftigt zu sein. Wir haben immer etwas zu tun, wir haben Termine, wir flitzen von einem Ort zum anderen. Wir sind ständig erreichbar und werden von allen Seiten mit Infos gefüttert.
Ich werde schon müde, wenn ich diese Zeilen auch nur schreibe.
Ich merke immer wieder wie gerne auch ich mich darüber identifiziere, was ich alles schaffe, unterbringe, erledige, übernehme, ermögliche, bewirke. Das gibt ein gutes Gefühl und bringt Anerkennung. Dazu kommt das Gefühl, dass ausruhen und Nichtstun nur dann in Ordnung ist, wenn ich vorher ordentlich geleistet habe. Und sogar dann taucht Unruhe und ein schlechtes Gewissen auf, weil es gäbe ja doch noch so viel zu tun.
Auch wenn ich ganz genau weiß, dass Zyklen von Aktivität und Ruhe natürlich sind, dass Höchstleistung unbedingt auch Regeneration braucht, dass der Sympathikus ohne den Parasympathikus schädlich werden kann.
Warum ist das so?
Zum einen vielleicht, weil wir Menschen einfach gerne aktiv sind. Wir wollen gestalten, wir wollen leisten, wir wollen wachsen und weiterkommen. Dafür gibt es in unserer Gesellschaft auch viel Lob. Da ist ja im Prinzip auch nichts Falsches daran. Problematisch wird es nur dann, wenn wir wie ferngesteuerte Roboter durch unseren Alltag eilen und uns abhängig davon machen, was „man“ alles hinkriegen, machen, stemmen soll und wir unseren Wert daran bemessen, was die anderen von uns erwarten.
Wenn ich in letzter Zeit meinen Facebook-Feed anschaue, zeigt sich mir eine Welt, die mir recht sonderlich erscheint. Es ist mir bewusst, dass mein Feed sich aus dem zusammenstellt, was ich im Netz angeschaut und recherchiert habe und was statistisch zu meinem Alter, meinem Geschlecht und meiner Sozialisierung passt. Laut Facebook ist mein größtes Thema wohl gerade mein Wechseljahre-Cortisol-Bauch, der nicht so gut in das Schönheitsideal unserer Gesellschaft passt. Und ja, wenn unser Körper Fett am Bauch ansammelt, weil er sich durch die Hormonumstellung und den Lebensstil im Dauerstress und bedroht fühlt, dann ist das ja tatsächlich nicht ganz günstig.
Spannend ist aber zu beobachten, welche schnellen, einfachen Lösungen angeboten werden. Dauernd soll ich irgendwo klicken und irgendwelche Apps installieren, um garantiert meinen Bauch für immer loszuwerden. Analysen sollen mir sagen können, wie viele Schritte ich am Tag gehen soll, was ich essen soll, welche bahnbrechenden Erkenntnisse aus der Wissenschaft mir vorenthalten werden, wenn ich nicht klicke. Dazu kommen noch Meldungen über irgendwelche Promis, die ich nicht mal kenne, Meldungen über tägliche Katastrophen und Angebote für alle möglichen Produkte, die ich kaufen soll.
Nur mehr spärlich dazwischen gestreut sind Fotos und Posts von Menschen, die ich kenne und die mich interessieren und die ursprünglich meine Motivation waren, mich auf einer Plattform wie Facebook anzumelden. Nun muss ich schon gestehen, dass ich immer noch trotzdem immer wieder auf Facebook scrolle, manche Veranstaltungen und Angebote finde, die für mich auch stimmig sind und ich mir manchmal immer noch auch wertvolle Impulse holen kann. Wir posten auch immer noch unsere Angebote vom Yoga Shiatsu Zentrum auf der Plattform und ich teile auch noch manchmal Eindrücke von meinen persönlichen Erlebnissen und meine Blog-Texte.
Was mich nachdenklich stimmt, ist aber die Wirkung dieser Medien und die Art und Weise, wie wir uns heute unsere Informationen beschaffen und in Kommunikation mit der Welt sind. Wir werden überflutet, zerrissen und zerstreut. Wir suchen die Wahrheit im Außen, wir versuchen unseren Weg irgendwie zu finden, nicht unterzugehen in den Fluten der Meinungen, die auf uns einprasseln und irgendwie wollen wir noch dazugehören und gesehen werden, mit dem, was uns wichtig ist.
Was für ein stressvoller Kampf – jeden Tag wieder. Kein Wunder, dass wir alle möglichen Symptome bekommen, von Verdauungsstörungen, zu Kopfschmerzen und Gelenksschmerzen. Kein Mensch kann diesen Bombardierungen standhalten und all das leicht verdauen, was da jeden Tag von früh bis spät auf unsere Sinne einströmt.
Ich bin genauso wie viele andere mitten in diesem Strudel unterwegs und frage mich immer wieder, wie ich gut für mich sorgen kann. Nicht immer gelingt mir das. Ich denke eine der größten Kompetenzen, die wir in dieser verrückten Zeit kultivieren dürfen ist eine große Gelassenheit und die Fähigkeit mit den Dingen zu gehen. Zu viel Widerstand und sich komplett abzuschotten von Allem, braucht genau so viel Energieaufwand und geht vielleicht auch am Zeitgeist vorbei. Gegen alles zu wettern, kann auch nicht die Lösung sein.
Woher können wir Gelassenheit und das Vertrauen ins Fließen gewinnen?
Meine Erfahrung und immer stärkere Überzeugung – nur aus unserem Inneren heraus. In uns gibt es irgendwo unter all den Schichten von Stress, Überreizung und Überforderung einen ruhigen Kern, der gesund und gelassen darauf wartet, dass wir in Kontakt treten. Ein stiller See, der uns einlädt uns niederzulassen und unseren aufgewühlten Geist auszuruhen. Es ist ein Ort, der ganz viel Wissen hält, ohne, dass wir intellektuell etwas gelernt haben müssen. Es ist ein geduldiger Ort ohne Urteile. Es ist ein Ort, der uns von innen heraus stärkt, uns die Kraft gibt, wirklich hinzuspüren, uns unseren Weg zeigen kann durch den Dschungel, der uns im Außen immer wieder zu verschlingen droht.
An diesem Ort ist nicht die Frage, wie ich so schnell wie möglich meinen Bauch loswerden kann, sondern die Frage, was ich brauche, damit es mir gut geht, damit ich mich in meiner Haut wohlfühle, damit ich freudvoll und wach durch meinen Tag gehen kann. Es ist die Frage danach, was mir jeden Tag die Lust schenkt aufzustehen und mich meine Zeit sinnvoll nutzen lässt – für mich und für die Welt um mich herum. Es ist ein Ort, der mir wie ein persönlicher Kompass zur Verfügung steht und mich darin bestärkt meine Wahrheiten zu erkennen und zu leben. Mit liebevoller Konsequenz und eben mit einer großen Portion Gelassenheit und Mitgefühl.
Ich glaube es gibt viele verschiedene Wege zu diesem Ort und zu dieser Kraft. Aber alle Wege haben etwas mit Innehalten zu tun. Alle laden ein, achtsam zu beobachten und unsere Fähigkeit uns und das Leben zu spüren wieder zum Leben zu erwecken. Wenn wir gestresst und überfordert sind, können wir nicht mehr spüren. Dann können wir höchstens im Autopilot irgendwelche Überlebensprogramme abspulen, die manchmal nicht wirklich hilfreich sind – zumindest nicht langfristig.
Alle diese Wege haben etwas damit zu tun uns Ruhe zu schenken. Egal, ob es ein Spaziergang in der Natur ist, eine Runde schwimmen im See, am Meer sitzen und Wellen zuschauen oder Zeit für achtsame Körperübungen, Atmen und in Stille da sein. Oder vielleicht eine Kombination aus alledem. Deshalb zieht es gerade so viele Menschen immer wieder in Retreats, wo es für ein paar Tage ideale Rahmenbedingungen gibt, sich zu sammeln und neu auszurichten.
Wir brauchen Inseln der Ruhe und der Sammlung, damit es uns gut gehen kann. Wie können wir solche Inseln in unseren Alltag einbauen? Müssen wir uns wirklich von der Welt zurückziehen, damit wir mit uns selbst in Verbindung sein können?
Was für mich immer klarer wird ist, dass wir einen starken inneren Anker brauchen. Manche Menschen mögen ganz natürlich damit verbunden sein und so gut wie immer im Vertrauen auf ihre innere Stärke und Weisheit navigieren, andere müssen vielleicht ein wenig tiefer graben, Schichten ablegen, sich erinnern und üben. Achtsamkeitsübungen, Atemübungen, Meditationsübungen können uns unterstützen. Immer wieder braucht es ein Innehalten, ein Hinspüren, ein Beobachten. Körper und Geist wollen mitgenommen werden, sie wollen die Kraftquellen erfahren und integrieren.
Ich glaube, wenn wir es schaffen mit unseren inneren Kraftquellen in Kontakt zu sein, sie hegen und pflegen wie wertvolle Schatzkisten, dann kann uns im Außen nichts mehr so leicht aus der Ruhe bringen. Dann haben wir die Unterscheidungsfähigkeit uns Impulse und Wissen zu holen, die für uns gerade wertvoll und relevant sind und den Rest an uns vorüber ziehen zu lassen.
In diesem Sinne gehe ich zum Beispiel gerade sehr gerne viele Schritte draußen in der Natur, weil ich für mich wieder entdeckt habe, wie mir das gut tut, wie viel mehr Energie und Kraft ich habe und wie sich meine Laune verbessert. Ob damit jetzt auch mein Bauchfett schwinden wird, lassen wir mal dahingestellt. Vielleicht. Ich glaube, wenn wir unsere Selbstwirksamkeit wiederfinden, dieses Wissen, dass ich mich auf meine innere Stimme verlassen kann, dann sind wir gut geführt.
In diesem Sinne: Wer innehält, erhält von innen Halt (Laotse)
Wenn es für dich schwierig ist, in deinem Alltag Möglichkeiten zu finden, innezuhalten und Ruhe zu erfahren, sei herzlich eingeladen zu uns in Yoga Shiatsu Zentrum Meran zu kommen. Wir möchten gerne ein Kraftort sein, der dich einlädt herauszufinden, was dir guttut und dir Werkzeuge mitgeben, die dich im Alltag unterstützen können.
Ab September starten wieder unsere regelmäßigen Kurse und Seminare – hier kannst du reinschauen und stöbern. Und dich ab sofort auch anmelden, wenn dich etwas anspricht:
Alles Liebe und viel Freude!
Martina
PS: Wenn du dir gerne eine kleine Auszeit an einem wunderschönen Ort schenken magst, dann schau mal hier rein: Die Kunst der Achtsamkeit im Schloss Goldrain
Kommentare