Yoga ist so viel mehr als Körperbewegung in einem geschlossenen Raum.
Yoga ist eine Lebenseinstellung und ein lebenslanger Prozess.
Natürlich ist das Üben in einer angeleiteten Gruppe eine wunderbare Unterstützung auf deinem Yogaweg, aber wie die Zeiten uns es im Moment lehren, dürfen wir auch andere Wege finden, wenn physische Gruppenarbeit gerade nicht möglich ist.
Das schenkt uns die Chance tiefer einzutauchen und hinter die Körperübungen zu schauen. Warum üben wir überhaupt mit unserem Körper? Unser Körper ist der materielle Ausdruck der Lebensenergie, die uns ausmacht. Es ist der Teil unserer Energie, der uns sozusagen unser Zuhause schenkt für das Leben auf der Erde. In unserem Körper machen wir Erfahrungen, erleben die Welt über unsere Sinne, dürfen uns spüren, dürfen uns berühren. Unser Körper ist ziemlich genial. Er zeigt uns in jedem Moment, wie es uns gerade geht, was uns beschäftigt, wo wir vielleicht gerade einen Bereich unseres Lebens vernachlässigen. Er meldet sich mit Wohlbehagen, wenn wir gut auf uns achten und auf dem richtigen Weg unterwegs sind. Er meldet sich mit Unbehagen, mit Spannungen, Schmerzen und sogar Krankheit, wenn er uns aufmerksam machen möchte, dass wir etwas in unserem Leben ignorieren, uns bewusst oder unbewusst selbst Schaden zufügen. Unser Körper ist unser bester Freund und Helfer in einer gewissen Weise. Er zeigt uns die Dinge ganz konkret auf materieller Ebene.
Deshalb üben wir im Yoga mit unserem Körper. Er ist unsere Eintrittskarte in ein feineres Bewusstsein, in eine wertvolle, heilsame Achtsamkeit. Unser Körper ist Ausdruck der subtileren Lebensenergie, die uns ausmacht. Die ist für uns nicht ganz so leicht erfassbar, zumindest nicht, wenn wir uns damit nicht beschäftigen. Wenn wir im Yoga mit dem Körper üben, dann beschäftigen wir uns immer wieder auch mit dem Atem. Der Atem ist ein Instrument, das uns dabei hilft eine Brücke zu bauen zu unseren subtileren Anteile. Ein Instrument, das uns mit unserem Leben einfach dazu geschenkt wurde. Wir können nicht nicht atmen. Aber die Qualität unseres Atems kann uns genauso wie unser Körper jede Menge über uns erzählen.
Wie ist die Qualität deines Atems jetzt gerade? Ist dein Atem schnell und oberflächlich oder tief, ruhig und regelmäßig? Ist deine Einatmung gleich lang wie deine Ausatmung oder gibt es da Unterschiede? Wenn wir uns unseren Atem vorstellen als Energie, die in unseren Körper fließt und uns Lebenskraft schenkt, dann wird es spannend zu beobachten. Erlaubst du deinem Körper, dass diese Lebenskraft fließen darf in jeden Winkel deines Körpers oder hältst du den Atem an, vielleicht in deinem Brustkorb? Vielleicht, weil du gerade angespannt bist, in Eile bist, Druck hast etwas zu erledigen oder vor irgendetwas Angst hast und dir Sorgen machst? Was dann passiert, ist, dass dein Nervensystem reagiert und du in einer Art „Kampf oder Flucht“ Modus bist. Dein Körper reagiert sofort darauf und ist in Hochspannung, so als würdest du gerade von einem Tiger im Busch angegriffen. Das bedeutet aber auch, dass andere Körperfunktionen, die es in einer solchen prekären Situation gerade nicht braucht, komplett heruntergefahren werden. Genial. Dein Körper will dich retten und stellt dir maximale Aufmerksamkeit und Kraft zur Verfügung.
Das große Problem ist nur, dass wir mit unserem Lebensstil dazu tendieren, permanent in so einem „Warnzustand“ zu sein. Der Tiger bedroht uns zwar höchst selten in unserer Gesellschaft, aber Leistungsdruck, Stress, materielle Existenzängste und noch so vieles andere, was uns tagein tagaus beschäftigt, übernehmen die Rolle des Tigers. Dein Körper kann nicht mehr regenerieren, ruhen, Kraft tanken. Wenn nämlich dein Atem sich beruhigen darf, tief und regelmäßig fließen kann, so als würde er deinen ganzen Körper massieren und lockern, dann bekommt der Körper die Nachricht, dass du in Sicherheit bist, dass du entspannen darfst, dass du verdauen darfst, was du alles Aufregendes mit dem Tiger im Busch erlebt hast.
Die Beobachtung deines Atems kannst du in jedem Moment und überall machen. Ganz egal, ob du auf der Yogamatte dazu angeleitet wirst oder ob du in deinem Alltag auf der Bushaltestelle stehst, im Büro sitzt oder gerade einen Waldspaziergang machst. Und das Spannende ist, du bist deinem Atem nicht ausgeliefert. Du kannst, wie gesagt, nicht nicht atmen, aber du kannst die Qualität deines Atems beeinflussen. Einfach nur dadurch, dass dir bewusstwird, wie er gerade fließt. Wenn du ihn beobachtest, wird er sich verändern, er wird sich beruhigen, er wird merken, dass du aufmerksam bist, ihm zugewandt bist, dich gut um dich selbst kümmerst.
Und das wiederum, wird eine starke Wirkung auf deinen Geist haben. Dein Geist ist eng verbunden mit deinem Atem. Ein schneller, hektischer Atem in einem aufs Äußerste gespannten Körper signalisiert deinem Geist Gefahr. Ist der Atem ruhig und tief, dann wird dein Geist die Botschaft bekommen, dass alles ok ist. Nun funktioniert dieses Spiel auch in die umgekehrte Richtung. Jeder Gedanke, den du denkst hat eine Auswirkung darauf wie dein Atem fließt und wie es sich in deinem Körper anfühlt. Das kannst du ganz leicht ausprobieren. Wenn du mit etwas beschäftigt bist, dass dir Sorgen, Stress, Wut oder Angst bereitet, wird es sehr gut möglich sein, dass sich dein Atem verändert und dein Körper zusammenzieht. Wenn du hingegen zufrieden und gelassen bist, wird sich dein Atem automatisch beruhigen und dein Körper darf sich entspannen. Im Yoga sagt man, wenn dein Geist komplett entspannt ist, kannst du gar keine Spannungen in deinem Körper haben.
Also kannst du an der Qualität deiner Gedanken arbeiten. Das ist natürlich sehr viel komplexer und komplizierter als dich mit deinem Körper zu beschäftigen. Deshalb wird im Yoga so viel Wert auf die Körperarbeit gelegt. Sie hilft uns einen Zugang zu finden, Muster ausfindig zu machen, uns bestimmter Dinge bewusst zu werden. Die Intelligenz unseres Körpers ist enorm.
Trotzdem sind wir aber auch hier nicht ausgeliefert. Wir können mit verschiedensten Methoden und Instrumenten arbeiten um uns unserer gedanklichen Muster und Gewohnheiten bewusst zu werden. Wir können uns ruhige Momente zum Beobachten und Reflektieren schenken. In der Ruhe und der Stille kommen wir viel leichter in Kontakt mit unserem inneren Wissen, unserer inneren Weisheit. Das machen sich Menschen zu Gute, die gerne meditieren oder in Ruhe spazieren gehen. Das Bewusstsein ist der erste Schritt, etwas, das uns nicht guttut, aufzulösen. Wir können lesen und lernen, was andere Menschen, vielleicht auch Traditionen über Jahrhunderte hinweg beobachtet, erlebt und aufgeschrieben haben und uns davon auf unserem Weg unterstützen lassen.
Was aber auch enorm hilfreich sein kann ist der Austausch mit anderen. Wenn du mit Menschen zusammen bist, die dir bedingungslos zuhören können, wenn du etwas erzählst, das dich beschäftigt und bewegt, entsteht ein Resonanzraum, der so viel größer sein kann, als der Raum, den du für dich alleine schaffst. Nur dadurch, dass dir jemand aufmerksam zuhört, wirst du einen ganz neuen Zugang zu deinen Themen bekommen. Dazu kommt dann noch, dass auch du lernen kannst, mit vollster Aufmerksamkeit zuzuhören, was andere erzählen und dadurch ein Feld mit der Intelligenz des ganzen Kreises entsteht. Aus Yogasicht ist dieses Feld immer dein Feld, weil du nicht getrennt bist von den anderen, niemals. Aber durch den aktiven Austausch können Dinge einfach leichter an die Oberfläche in dein Bewusstsein auftauchen und dir zur Verfügung stehen für deine persönliche Arbeit.
Ich teile gerne ein Beispiel, das mir kürzlich widerfahren ist. Ich habe meiner Lehrerin und Kollegin im Yoga Shiatsu Zentrum eine Shiatsu Behandlung gegeben. Mit dem Ziel von ihr Feedback zu bekommen. Was sie gespürt hat, ist etwas, das mich jetzt noch auf einer viel tieferen Ebene beschäftigt, als die reine Behandlung. Sie hat ein sehr feines Gespür und ihr ist aufgefallen, dass mein Atemrhythmus in Kombination mit den Berührungen eine Gewohnheit hat. Ich atme ein und halte die Berührung bis zum Ende, ich atme aus und kurz bevor ich wirklich am Ende meiner Ausatmung ankomme, löse ich die Berührung oder den Kontakt. Das ist etwas, das nur jemand spüren kann, die schon sehr lange und intensiv mit diesem Thema arbeitet. Mir selbst war dieses Muster komplett unbewusst. Seitdem beobachte ich das aber. Und zwar mit einem neugierigen Geist, der schon verstanden hat, dass dieses Muster nicht nur ein reines Atemmuster ist, sondern etwas mit mir und meiner Lebenshaltung zu tun hat. Dazu ist es wertvoll zu wissen, dass unser Atem in Verbindung mit unserem Nervensystem steht und die Einatmung mit dem sympathischen Nervenstrang, der uns in die Aktivität bringt und die Ausatmung mit dem parasympathischen Nervenstrang, der uns in die Entspannung bringt, gekoppelt ist.
Und tatsächlich, wenn ich mich beobachte, wird mir immer mehr bewusst, dass ich ganz oft, wenn ich eigentlich gerade noch in einer Ruhephase bin, eigentlich noch beim Entspannen und Regenieren bin, mit meinem Geist schon komplett auf die nächste Aktivität, auf das nächste To-Do ausgerichtet bin. So wie beim Shiatsu, wenn ich in der Ausatmung nicht bis zum Ende da bleibe mit meiner Berührung, weil ich im Geist schon bei der nächsten Berührung bin. Das bedeutet aber auch, dass ich nie wirklich das Potential der Entspannung ausnutze und zwar glaube, ich ruhe mich aus, in Wirklichkeit aber schon bei der nächsten aktiven Phase bin.
Ich merke jetzt in meinem Alltag, wenn mir das Feedback einfällt, dass ich bewusst zu meinem Atem spüre und versuche ihn ganz entspannt bis ans Ende der Ausatmung fließen zu lassen bevor ich schon wieder in die nächste Einatmung gehe. Und ich versuche das physisch zu spüren und im übertragenen Sinn. Und tatsächlich kann ich ganz subtil merken, es verändert sich etwas. Ich habe etwas gefunden, dass ein riesiges Kraftpotential für mich trägt. Stell dir vor, ich habe einen Atem, der mich regenerieren lässt und ich nutze ihn aber nur zum Teil, ganz unbewusst. Wie viel mehr Energie kann ich denn dann bekommen für meinen Alltag, wenn ich mir dieses Potential erschließen kann?
Dieses Bewusstsein hat deshalb den Weg zu mir gefunden, weil ich durch Christiana einen Spiegel vorgehalten bekommen habe, der mir etwas gezeigt hat, das ich selbst gar nicht sehen konnte. Und deshalb finde ich Austauschrunden so enorm wertvoll. In einem physischen Kreis oder eben, wenn das die Umstände gerade nicht möglich machen, auch in einem virtuellen Umfeld.
Magst du es ausprobieren? Wer weiß, welches Potential in dir noch unbewusst dahin schlummert und nur darauf wartet an die Oberfläche kommen zu dürfen?
Ich möchte gerne einen Online-Austauschkreis eröffnen, der uns durch diese Zeit begleiten kann. In dem wir uns mit gelebtem Yoga im Alltag beschäftigen. Du darfst erzählen, was dich gerade beschäftigt, was leicht fließt, aber auch was schwierig ist. Und du darfst zuhören. Ohne Anspruch darauf, dass jemand Antworten parat hat, aber mit dem Geschenk eines Resonanzraumes, der zuhört, der spiegelt, der ein kraftvolles, transformatives Feld entstehen lassen kann.
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